Die meisten sexuell aktiven Menschen infizieren sich mindestens einmal im Leben mit HPV. HPV werden dabei unterschieden in Hochrisiko-Typen (v.a. 16 und 18) und Niedrigrisiko-Typen (v.a. 6 und 11). Hochrisiko-Typen können zu Krebs führen, während Niedrigrisiko-Typen für Genitalwarzen verantwortlich sind.
Eine HPV-Infektion verläuft in den meisten Fällen ohne Symptome. Zumeist handelt es sich dabei um vorübergehende Infektionen, die nach 1-2 Jahren nicht mehr nachweisbar sind. Jedoch können HPV-Infektionen auch persistieren und über Krebsvorstufen zu Plattenepithelkarzinomen im Anogenitalbereich oder in der Mundhöhle und im Rachen führen. Bei Frauen dominiert das Zervixkarzinom, das zu nahezu 100% durch HPV verursacht wird. Etwa 10% der HPV-Infektionen an der Zervix der Frau führen zu höhergradigen zervikalen Krebsvorstufen. Werden diese höhergradigen Läsionen nicht behandelt, können sich daraus in etwa 30-50% der Fälle innerhalb von 10 bis 30 Jahren Zervixkarzinome ausbilden (zum Auftreten von HPV-bedingten Karzinomen in Deutschland.
Humane Papillomviren werden über direkten Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Die Viren dringen über Mikroverletzungen der Haut bzw. Schleimhaut ein und infizieren die Epithelzellen der Basalzellschicht. Hauptübertragungswege bei Infektionen im Anogenitalbereich sind Vaginal- und Analverkehr; über orogenitale Sexualpraktiken ist eine Transmission in die Mundhöhle oder den Oropharynx möglich. Durch die Verwendung von Kondomen kann eine HPV-Infektion nicht sicher verhindert werden. In seltenen Fällen können HPV auch durch eine Schmierinfektion übertragen werden. Zudem ist selten eine Übertragung von der Mutter auf das Neugeborene während der Geburt möglich.
Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) treten weltweit auf und gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. In Deutschland gibt es keine Meldepflicht für HPV-Infektionen und damit auch keine regelmäßig erhobenen Daten zur Häufigkeit von HPV-Infektionen. Es gibt jedoch einzelne Studien, die sich mit der Häufigkeit befasst haben:
Genitalwarzen (Condylomata acuminata), die zu etwa 90% durch die HPV-Typen 6 und 11 verursacht werden, sind sehr häufig und können sich Wochen, Monate oder Jahre nach HPV-Infektion entwickeln. Daten aus Deutschland zeigen eine geschätzte Inzidenz von 170 Fällen pro 100.000 Personen-Jahren (definiert als Jahre, die die Personen während der Studie unter Beobachtung standen) und ein Lebenszeitrisiko von 5-10%. Unter Frauen war die Inzidenz mit 627 pro 100.000 Personenjahre in der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen am höchsten, bei den Männern in der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen mit 457 pro 100.000 Personenjahre.
Eine bevölkerungsbasierte Erhebung aus dem Jahr 2010/2011 hat gezeigt, dass in Deutschland 35% der Frauen im Alter von 20-25 Jahren mit einem onkogenen HPV-Typen infiziert sind, davon 20% mit Typ 16.
HPV-Infektionen können Krebs verursachen. HPV-Impfstoffe schützen zu nahezu 100 % vor einer Infektion mit in den Impfstoffen enthaltenen HPV-Typen und können somit Krebs verhindern.
Basierend auf Daten des Zentrums für Krebsregisterdaten erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 6.250 Frauen und ca. 1.600 Männer an HPV-bedingten Karzinomen im Bereich der Zervix, Vagina, Vulva bzw. des Penis sowie im Bereich von Anus und Oropharynx. Der größte Anteil dieser Tumoren entfällt bei den Frauen auf das Zervixkarzinom mit jährlich ca. 4.600 neuen Erkrankungen, pro Jahr versterben ca. 1.500-1.600 Frauen daran. Jährlich bedürfen in Deutschland ca. 56.000 junge Frauen aufgrund einer HPV-bedingten Krebsvorstufe einer Konisation (kegelförmiges Ausschneiden des Gebärmutterhalses), mit einem Häufigkeitsgipfel bei den 30- bis 34-Jährigen. Studien zeigen, dass Frauen nach einer Konisation ein höheres Risiko für Frühgeburten haben. Dieses Risiko besteht bei jeder Schwangerschaft erneut.
Der zwei- (Cervarix®) bzw. neunvalente (Gardasil®9) HPV-Impfstoff schützt direkt gegen etwa 70 % (Typen 16, 18) bzw. 90 % (zusätzlich Typen 31, 33, 45, 52, 58) der von Hochrisiko-Typen verursachten Gebärmutterhalskarzinome. Für den zweivalenten Impfstoff ist jedoch auch eine gewisse Kreuzprotektion gegen die nicht im diesem Impfstoff enthaltenen Typen 31, 33 und 45 beschrieben. Für die anderen Tumorlokalisationen Vulva, Vagina, Penis, Anus und Oropharynx spielen vor allem Typ 16, bei einzelnen Lokalisationen möglicherweise auch die Typen 18 und 33 eine Rolle.
Der neunvalente Impfstoff kann zusätzlich sehr wirkungsvoll auch gegen Genitalwarzen (Condylomata acuminata) schützen, die zu 90% von den HPV-Typen 6 und 11 verursacht werden. Genitalwarzen treten in der Bevölkerung sehr häufig auf, mit der höchsten Krankheitslast bei 20- bis 30-Jährigen (siehe auch Wie häufig ist eine HPV-Infektion?). Bei 70% der Genitalwarzen ist eine oft länger andauernde ärztliche Therapie erforderlich.
Die STIKO empfiehlt zur Reduktion der Krankheitslast durch HPV-assoziierte Tumore die Impfung gegen humane Papillomviren für Mädchen und Jungen. Die initial nur an Mädchen gerichtete Impfempfehlung gilt seit Ende Juni 2018 auch für Jungen.
Das empfohlene Impfalter ist 9 bis 14 Jahre. Versäumte Impfungen sollten so früh wie möglich nachgeholt werden – dies kann bis zum Alter von 17 Jahren erfolgen.
Da ein Schutz gegen einen der im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen nicht mehr erreicht werden kann, nachdem es bereits zu einer persistierenden Infektion mit diesem HPV-Typ gekommen ist, sollte die Impfung idealerweise vor Aufnahme erster sexueller Kontakte durchgeführt werden. Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Deutschland haben gezeigt, dass 94% der Mädchen (mit Migrationshintergrund 96%) und 97% der Jungen (mit Migrationshintergrund 86%) zum Zeitpunkt des ersten Geschlechtsverkehrs älter als 14 Jahre sind.
Außerdem haben Studien gezeigt, dass jüngere Mädchen eine bessere Immunantwort nach der HPV-Impfung aufbauen als ältere Mädchen. Auch wenn erste sexuelle Kontakte noch in weiter Ferne liegen, spricht die bessere Immunantwort auf die Impfung bei jüngeren Mädchen für eine möglichst frühzeitige Impfung von Mädchen und Jungen.
Auch nach dem ersten Sex können und sollten ungeimpfte Mädchen oder Jungen noch gegen HPV geimpft werden. Selbst wenn es dann schon zu einer persistierenden HPV-Infektion gekommen sein sollte, kann die Impfung trotzdem noch einen Schutz vor den anderen im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen bieten. Je früher die Impfung nachgeholt wird, desto besser.
Der HPV-Impfstoff kann seinen vollen Nutzen nur entfalten, wenn es vor Impfung nicht zu einer persistierenden HPV-Infektion mit einem im Impfstoff enthaltenen Typen gekommen ist, da es sich nicht um einen therapeutischen Impfstoff handelt. Nach Aufnahme von sexuellen Kontakten kommt es sehr schnell zu HPV-Infektionen. Studien bei Frauen zeigen, dass sich etwa 40% der Frauen in den ersten 1-2 Jahren infizieren. Aus diesem Grund liegt der optimale Zeitpunkt für eine HPV-Impfung vor dem Beginn der sexuellen Aktivität. Nach einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2015 sind 82 % der 18-jährigen Mädchen und 69 % der 18-jährigen Jungen sexuell aktiv.
Frauen und Männer älter als 17 Jahre können im Einzelfall je nach individueller Lebensführung von einer HPV-Impfung profitieren. Abhängig von der Anzahl der Sexualpartner kann das individuelle Risiko für das Vorliegen einer HPV-Infektion auch nach dem Beginn der sexuellen Aktivität sehr unterschiedlich sein. Persistierende HPV-Infektionen sind eher Einzelinfektionen, sodass eine Impfung ggf. Schutz vor den anderen im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen bieten kann.
Auch ohne vorliegende Empfehlung der STIKO kann der Arzt/die Ärztin im Rahmen der Zulassung Frauen und Männer gegen HPV impfen, die älter als 17 Jahre sind. Alle verfügbaren HPV-Impfstoffe sind ohne Altersbegrenzung ab einem Alter von 9 Jahren zugelassen. Es sollte vorab geklärt werden, ob die Krankenkasse die Kosten der Impfung übernimmt.
Die HPV-Impfung ist eine sehr sichere Impfung.
In Deutschland sammelt und bewertet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das für die Sicherheit der Impfstoffe zuständig ist, seit 2007 systematisch Daten zu unerwünschten Wirkungen nach HPV-Impfung. Basierend auf diesen Daten wurden seit Empfehlung der Impfung 2007 keine schweren unerwünschten Wirkungen gemeldet, die ursächlich in Zusammenhang mit der HPV-Impfung standen. Zu dem gleichem Schluss kommt auch die WHO, deren Global Advisory Committee on Vaccine Safety (GACVS) seit 2007 regelmäßig eine Bewertung von Sicherheitsdaten zur HPV-Impfung durchführt. Der aktuellen Bewertung aus dem Jahr 2017, der mittlerweile insgesamt mehr als 270 Mio. verimpfte Dosen zugrunde liegen, waren bereits Bewertungen in den Jahren 2007, 2008, 2009, 2013, 2014 und 2015 vorausgegangen.
Sehr häufig berichtet wird bei der HPV-Impfung von lokalen Reaktionen an der Einstichstelle, wie Schwellung, Rötung und Schmerzen. Vermehrt wurden Kreislaufreaktionen wie Schwindel oder „Schwarz-Werden-Vor-Den-Augen“ beschrieben. Diese kurzfristigen Kreislaufreaktionen – wie auch die lokalen Reaktionen an der Einstichstelle – lassen sich bei Jugendlichen in vergleichbarem Maße auch bei anderen Impfungen beobachten (z.B. Auffrischimpfung für Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio), daher sollte die Impfung nicht im Stehen durchgeführt werden. Die Kreislaufreaktion ist meist Ausdruck von Angst bzw. Stress im Zusammenhang mit der Impfung.
In Internet-Foren wird immer wieder auf zwei Todesfälle im deutschsprachigen Raum aus dem Jahr 2007 verwiesen, die in Zusammenhang mit der HPV-Impfung gebracht wurden. Rein statistisch ist es klar, dass Todesfälle in einem bestimmten zeitlichen Abstand zu einer Impfung vorkommen, so wie sie in einem bestimmten zeitlichen Abstand z.B. zu einem Kinobesuch vorkommen. Aufgabe des PEI ist es, basierend auf allen verfügbaren Informationen (u.a. dem Obduktionsbericht) zu klären, ob nicht nur ein zufälliger zeitlicher, sondern ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Todesfall und Impfung vorlag. Für beide Todesfälle konnten nach ausführlicher Untersuchung keine Anzeichen für einen ursächlicher Zusammenhang mit der HPV-Impfung festgestellt werden. In Internetforen wird häufig auch über einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der HPV-Impfung und dem Auftreten des „komplexen regionalen Schmerzsyndroms“ (CRPS, complex regional pain syndrome) und dem„posturalen orthostatischen Tachykardiesyndrom“ (POTS, postural orthostatic tachycardia syndrome) berichtet, basierend auf Beobachtungen unter Jugendlichen in Dänemark. Die aktuelle Überprüfung durch das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA aus dem Jahr 2015 ergab keinen Hinweis darauf, dass sich die Gesamtraten dieser beiden Syndrome bei geimpften Mädchen und jungen Frauen von den erwarteten Raten in dieser Altersgruppe unterscheiden. Beide Erkrankungen treten in der Allgemeinbevölkerung einschließlich der Jugendlichen auf, unabhängig davon, ob sie geimpft wurden.
Verschiedene Studien aus einer Vielzahl von Ländern haben gezeigt, dass die HPV-Impfung keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Aufnahme von sexuellen Kontakten, das Nutzen von Kondomen bzw. Antikontrazeptiva oder die Anzahl von Partnern bei den Mädchen bzw. jungen Frauen hatte. Geimpfte Mädchen bzw. Frauen hatten durch das Wissen über ihre HPV-Impfung also nicht früher Geschlechtsverkehr oder Sex mit einer größeren Anzahl von Partnern oder verzichteten bewusst auf die Nutzung von Kondomen im Vergleich zu ungeimpften Mädchen bzw. Frauen.
Bei der Nutzung von Kondomen zum Schutz vor einer HPV-Infektion ist zu beachten, dass HPV meist, aber nicht ausschließlich über Sexualkontakte übertragen wird. Bestimmte HPV-Typen kommen außer auf den Schleimhäuten auch auf der Haut im Genital- und Analbereich vor. Daher kann es auch zu einer Übertragung durch sehr engen Körperkontakt (trotz Kondomnutzung beim Geschlechtsverkehr) kommen. Studien haben gezeigt, dass sich bei ausschließlicher Kondomnutzung HPV-Infektionen zwar teilweise verringern, jedoch nicht verhindern lassen.
Im Gegensatz zu der Verwendung von Kondomen kann durch die HPV-Impfung sehr effektiv eine Immunität gegen die in den Impfstoffen enthalten HPV-Typen erzeugt werden.
Aktuell besteht in Europa in allen Ländern der EU sowie in der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island eine HPV-Impfempfehlung für Mädchen; außerhalb Europas gilt dies u.a. für Australien, Neuseeland, die USA und Kanada.
Darüber hinaus wurde in Österreich, Schweden, der Schweiz, Liechtenstein, Kroatien, Norwegen, Australien, Neuseeland, USA, Israel, USA, Kanada, Puerto Rico, Panama und Brasilien eine Impfempfehlung für Jungen ausgesprochen.